Krassgrün - Nina Langreder
Azubi-Blogger
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Nina
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Wer bist du?
Hallo, ich bin Nina:).
Ich bin 18 Jahre jung und mache eine Ausbildung zur Landwirtin. Nach dem Abitur bin ich nach Schleswig-Holstein gegangen, um dort meine Ausbildung im 2. Lehrjahr zu starten. Für mein 3. Lehrjahr geht es aber wieder in meine Heimat zurück - ins schöne Niedersachsen.
Was ist das Schönste an deiner Ausbildung?
Das Schöne an meiner Ausbildung zur Landwirtin ist die Arbeit mit den Tieren, der Natur und die Vielseitigkeit dieses Berufs. Man hört nie auf, Erfahrungen zu sammeln und lernt immer wieder etwas dazu.
Was machst du, wenn es nicht um Landwirtschaft geht?
Außer der Landwirtschaft gibt es in meinem Leben noch meine Familie, meinen Hund, mein Pferd, meine Freunde und meinen eigenen Facebook-Blog "Landwirtin aus Leidenschaft". Auch wenn es in der Landwirtschaft eigentlich immer etwas zu tun gibt, plane ich meinen Tag gut und kann mir dementsprechend auch mal Zeit für andere Dinge nehmen.
Welches Ziel hast du später für dein Leben?
Später möchte ich gerne den landwirtschaftlichen Betrieb von meiner Familie übernehmen. Doch bis es soweit ist, möchte ich noch viel lernen und ganz viele Erfahrungen sammeln!
#Blog22
Auf das Huhn gekommen
Von Kind auf bin ich mit Hühnern großgeworden. Schon als kleines Mädchen fand ich es toll, die Eier der eigenen Hühner zu sammeln und dann z.B. zum Frühstück essen zu können. Zu wissen, dass meine Hühner gutes Futter haben, viel an der frischen Luft sind, dass sie einen sauberen, großen, hellen und artgerechten Stall haben, gab mir ein gutes Gefühl.
Sowohl auf meinem alten Lehrbetrieb als auch auf meinem jetzigen Lehrbetrieb werden Hühner gehalten.
Nach wie vor habe ich 10 Hühner und einen Hahn bei mir zu Hause, um die ich mich kümmere. Was kann man dafür tun, dass sich Hühner wohl fühlen? Schon mit Kleinigkeiten kann man den Tieren ein schönes Leben bieten.
Zunächst gilt für Hühner das, was für jede Tierhaltung wichtig ist. Gute Wasserqualität, gutes Futter, gute Luft, saubere Ställe, optimale Lichtverhältnisse, Beschäftigungsmaßnahmen, weitere Artgenossen und noch einiges mehr.
Konkret bedeutet das: Unsere Hühner bekommen eine Sandkiste, in der sie scharren oder Sandbäder nehmen können. Sie werden in kleineren Gruppen gehalten. Unsere Hühner haben auch „Auslauf“. Jedoch ist dies wegen Seuchengefahr nicht immer ohne weiteres möglich.
Im Stall haben die Hühner eine Sitzstange, da sie gerne erhöht schlafen. In der Natur fliegen Hühner in Bäume, um dort zu übernachten. So werden sie ihren Fressfeinden nicht direkt wie auf dem Präsentierteller vorgesetzt.
Als Einstreu verwenden wir Stroh oder Sägespäne. Als Futter bekommen unserer Hühner hauptsächlich eigenes Getreide, Mais und zur Abwechslung manchmal auch Speisereste wie Reis, Kartoffeln, Äpfel oder Gemüse. Man muss wissen, ein Huhn ist ein Gewohnheitstier. Auch die Temperatur im Stall ist wichtig, für die ausgewachsenen Hühner so um die 20 Grad und für die Küken Wärmestrahler und mindestens 26 Grad, lieber 30.
Wenn man viel Geduld mitbringt und sich mit den Tieren beschäftigt, dann gewöhnen sich die Tiere schnell an einen und können handzahm werden. Hühner sind nämlich intelligenter, als man ihnen zutraut und sie lernen schnell.
Früher hatten wir mal einen Hahn, der mich öfters attackiert hat. Aber er wollte ja nur seine Mädels beschützen. Also ein natürlicher Instinkt. Als Kind machte mir das (im Gegensatz zu meinem Vater) natürlich Angst. Und das schien der Hahn zu merken. Denn ich war die Einzige, die er attackiert hat.
Heute habe ich einen lieben Vorwerkhahn. Die Vorwerkhühner sind sehr ruhige und wenig aggressive Tiere. Sie sind braun und haben einen schwarzen Hals und Kopf und eine schwarze Schwanzspitze. Die weißen Hühner sind White Rock´s. Es gibt sehr viele verschiedene Rassen. Ich habe mich für die beiden Rassen entschieden, da ich sie optisch schön finde und die Legeleistung für mich passt. Zusätzlich unterstütze ich den Erhalt der gefährdeten Nutztierrasse des Vorwerkhuhns.
Hier ein paar Eindrücke des gackernden Nachwuchses! Naja, eher piepsend.
Ninas kleine Küken
Falls ihr Fragen zur Hühnerhaltung habt, dürft ihr diese gerne in die Kommentare schreiben. Und ich versuche sie dann bestmöglich zu beantworten.
Eure Nina
Jung. Weiblich. Landwirtin.
Bauer: Die typischen Assoziationen zu dem Beruf des Landwirts sind: ein kräftig gebauter, bärtiger Mann, Karo-Hemd, in Gummistiefeln, Mistforke in der Hand, schlurfender Gang und meist nicht sonderlich intelligent. Wenn ich also gefragt werde was ich beruflich mache, dann ist meinem Gegenüber die Überraschung meist sehr deutlich anzusehen.
"Du?", "Als Frau?" ... - Ja, ganz genau! Ich werde Landwirtin. Bedienen kann ich das Klischee vom "dummen Bauern" nicht so wirklich. Dennoch bin ich überzeugt, dass es für mich der richtige Beruf ist!
Ich habe schon immer gerne auf dem Betrieb meiner Familie geholfen. Durch die Schule wurde es mit der Zeit etwas weniger. Als es dann auf meinen Schulabschluss und die weitere berufliche Planung zu ging, stellte sich mir die Frage "Was mach' ich nach der Schule?". Die Entscheidung war nicht ganz einfach, da ich auch andere Berufe sehr interessant finde. Ich würde sehr gerne den Hof meiner Familie übernehmen, aber ob ich davon allein eine Familie ernähren und einen gewissen Lebensstandard finanzieren kann? Viele Fragen gingen mir durch den Kopf. Letztendlich habe ich mich für eine Ausbildung als Landwirtin entschieden und bisher die Entscheidung definitiv noch nicht bereut!
Durch mein Abi konnte ich das erste Lehrjahr überspringen und habe im August 2017 meine Ausbildung im 2. Lehrjahr begonnen. Für meine Ausbildung habe ich Niedersachsen verlassen und bin nach Schleswig-Holstein gegangen. Auf meinem Lehrbetrieb werden Kühe, Schweine und Hühner gehalten und wir betreiben Ackerbau.
Außer der praktischen Arbeit auf dem Betrieb gibt es natürlich auch noch die Berufsschule. Einmal in der Woche werden wir in den Fächern Pflanzenkunde, Tierkunde, Landtechnik, Wirtschaft und Politik, Kommunikation und Fachrechnen unterrichtet. In der Schule lernen wir quasi die Theorie zu dem, was wir in der Praxis auf unseren Lehrbetrieben machen.
Es ist gut und wichtig, mit den Klassenkameraden Erfahrungen austauschen zu können. Und in meiner Klasse bestätigt sich das Klischee vom "dummen Bauern" nicht. Ein Großteil meiner Mitschüler hat Abitur gemacht und ich bin auch nicht das einzige Mädchen der Klasse.
Auch wenn der Anteil der Landwirtinnen in Deutschland bisher nur bei ca. 36 Prozent liegt, so ist die Tendenz steigend. Ich bin stolz, ein Teil davon zu sein und bin gespannt wie sich die Landwirtschaft in der Zukunft entwickelt!
#Blog 7
Klassenfahrt! Das zweite Lehrjahr geht auf Reisen
Ich war zusammen mit meiner Berufsschulklasse auf "Klassenfahrt". Wir waren von Dienstag bis Donnerstag unterwegs und hatten ein volles Besichtigungsprogramm.
Am Dienstag starteten wir mit dem Bus nach Buxtehude. Dort haben wir uns das Dammann-Werk angeschaut. Als Einstieg hörten wir einen Vortrag über die Geschichte des Unternehmens. Anschließend hatten wir eine Führung durch das Werk. Ich war beeindruckt von den großen Hallen und dem Ablauf der Produktion.
Das Highlight war, dass wir mit einem Mitarbeiter eine Runde über die Teststrecke von Dammann fahren durften.
Testfahrt mit der Pflanzenschutzspritze
Nach der Führung durch das Werk ging es weiter zu einem Outdoorsauenbetrieb, der etwa 20 Kilometer von Buxtehude entfernt war. Der Betriebsleiter war super offen und hat unsere vielen Fragen zu den Vor- und Nachteile der Outdoorsauenhaltung beantwortet. Mir ist klar, dass nicht jeder Landwirt einen solchen Aufwand leisten kann und dass diese Outdoorhaltung nicht überall zu verwirklichen ist. Gerade bei einem so nassen Herbst und Winter wie im letzten Jahr kann die Outdoorhaltung eine sehr matschige Angelegenheit werden und die Arbeit wird dadurch stark erschwert. Dennoch hat es mir sehr gut gefallen, wie die Sauen und Ferkel an der frischen Luft und auf natürlichem Boden statt Spalten gehalten wurden. Nach dieser tollen Betriebsbesichtigung ging es dann zu unserer Jugendherberge nach Emden in Ostfriesland.
Auch der nächste Tag war wieder komplett durchgeplant. Unsere erste Station war das Käsewerk Rücker. Die Führung durch die Produktionshallen war interessant, aber da die Maschinen oft sehr laut waren, war die Führung akustisch schwer zu verstehen. Nach der Käserei stand die Besichtigung eines Milchviehbetriebs an. Dort wurden 220 Milchkühe gehalten und Kälber und Jungvieh aufgezogen. Da ich vieles bereits von meinem Lehrbetrieb kenne, war das nicht wirklich etwas Neues für mich. Die letzte Station war ein Ackerbaubetrieb, auf dem wir eine Feldbegehung gemacht haben. Danach waren wir alle durchgefroren und froh, zurück zur Jugendherberge zu fahren. Am Donnerstag stand die Besichtigung der Meyerwerft in Papenburg auf dem Programm.
Die riesigen Schiffe und die Ausstattung sind gigantisch und die Werft definitiv ein Besuch wert. Die letzte Station unserer Fahrt war dann die Besichtigung eines Biohofs mit Milchvieh bei Bremen. Dort konnten die Verbraucher viele Einblicke in die Haltung der Tiere und in die hofeigene Eisproduktion gewinnen. Das Speiseeis wird unter anderem direkt auf dem Hof vermarktet und wir durften am Ende der Führung auch ein Eis probieren. Leider hat es während der Hofbesichtigung geregnet, so dass wir froh waren, mit nassen und kalten Füßen zurück im warmen Bus den Heimweg anzutreten.
Mein Fazit zu unserer Klassenfahrt: Wir haben viele interessante Betriebe und Einblicke in andere Betriebsstrukturen erhalten und hatten viel Spaß untereinander und mit den Lehrern. Es war schön außerhalb der üblichen 8 Stunden Unterricht mehr Zeit mit den Mitschülern zu verbringen und die Nächte waren dementsprechend kurz.
#Blog 12
Wilkommen auf der Welt, kleines Kälbchen!
Die Geburt eines Kälbchens ist mein absolutes Highlight und das Schönste, was ich als Landwirtin erleben darf. Auch wenn ich schon vielleicht 20 Geburten miterlebt habe, ist es jedes Mal wieder etwas Besonderes und auch Aufregendes. Ich möchte euch heute das Wunder der Geburt eines Kälbchens beschreiben.
Eine Kuh hat eine Tragezeit von ca. 281 Tagen. Wenn also der errechnete Geburtstermin näher rückt, dann steigt die Aufmerksamkeit und ich bin neugierig, wenn ich in den Abkalbebereich hinein schaue. In den Abkalbebereich kommt die Kuh meist ca. 1-2 Wochen vor der Kalbung. Dies ist ein sauberer, desinfizierter und großzügig eingestreuter Bereich. Hier bleibt die Kuh meist bis ein paar Tage nach der Geburt.
Es gibt ein paar Anzeichen für eine herannahende Geburt und wenn man diese erkennt, kann man in etwa abschätzen, wann die Kuh abkalben wird. Einige Tage vor der Kalbung fängt die Kuh z.B. an aufzueutern. Das bedeutet, dass das Euter langsam größer und praller wird, da die Kuh anfängt, Milch zu produzieren. Ungefähr 1-2 Tage vor der Geburt hat die Kuh dann meist einen klaren und zähflüssigen Ausfluss. Und wenn die Geburt dann unmittelbar bevorsteht, dann tropft bei manchen Kühen sogar schon etwas Milch aus den Strichen. Der Scham der Kuh ist schon leicht geweitet und etwas geschwollen. Auf dem Bild sieht man das "Moocall", ein System, das die heran nahende Geburt ans Handy meldet. Insgesamt sind die Kühe vor der Geburt meist etwas unruhig und setzen häufiger Kot und Urin ab. So langsam steigt die Aufregung und man freut sich schon auf das kleine Kälbchen.
Jetzt wird es ernst, die Geburt beginnt. Die Hormone des Fötus bestimmen den Zeitpunkt der Geburt, da diese Hormone die Prostaglandine der Plazenta 'aktivieren'. Die Prostaglandine setzen dann das Progesteron (auch Schwangerschaftsschutzhormon genannt) außer Kraft und die Geburt beginnt.
Die Geburt lässt sich in 3 Phasen unterteilen. Die erste Phase ist die Eröffnungsphase, dort werden durch das Hormon Oxytocin die Wehen ausgelöst. Die Wehen sorgen dann dafür, dass die 2 Fruchtblasen (erst Wasserblase und dann Schleimblase) langsam herausgedrückt werden. Dies sorgt für eine schonende Weitung der Geburtswege. Dann wird das Kälbchen langsam und Millimeter für Millimeter mit dem Kopf auf ausgestreckten Vorderbeinen herausgedrückt. Diese Lage nennt man Vorderendlage und sie ist der Normalfall. Mit dem Platzen der 2 Fruchtblasen ist die Eröffnungsphase beendet. Diese Phase dauert etwa 6-12 Stunden. Vor allem bei Färsen (also bei der ersten Geburt) dauert die Geburt etwas länger, da bei ihnen die Geburtswege noch sehr eng sind.
Die zweite Phase ist die Austreibungsphase, sie dauert etwa 3-6 Stunden. In dieser Phase erscheinen erst die Klauenspitzen und ca. 15 Minuten später dann Zungen- oder Nasenspitze in der Schamspalte. Wenn der Kopf erst einmal draußen ist, geht der Rest des Körpers meist relativ schnell.
In der Nachgeburtsphase werden dann die zwei Eihäute von den Nachwehen herausgepresst. Diese Phase dauert ca. 1,5 -3 Stunden, aber spätestens nach 12 Stunden sollte die Nachgeburt abgegangen sein. Falls dies nicht der Fall ist, sollte man den Tierarzt verständigen.
Ein Kälbchen ist geboren
Wie versorgt man dann Kuh und Kälbchen?
Als erstes schaut man, ob die Atemwege des Kälbchens frei sind. Falls Schleim in der Nase ist, kann man versuchen, diesen mit der Hand herauszustreichen oder man hält das Kalb kurz über Kopf, damit der Schleim herauslaufen kann. Wenn das Kälbchen nicht anfangen will zu atmen, gibt es ein paar einfache Tricks, um die Atmung anzuregen. Wenn man z.B. etwas kaltes Wasser über den Kopf und den Rumpf des Kalbes schüttet, wird durch den Kältereiz im Normalfall ein tiefer Atemzug ausgelöst. Eine zweite Möglichkeit ist die Stimulation eines Akkupunktur-Punktes, der mitten auf der Nase des Kälbchens sitzt und die Atmung anregt. Oder man kitzelt das Kälbchen mit einem Strohhalm in der Nase kitzelt.
Willkommen auf der Welt!
Normalerweise leckt die Kuh nach der Geburt das Kälbchen trocken, damit es nicht kalt wird und um den Kreislauf des Kälbchens in Gang zu bringen. Wenn die Mutter nach der Geburt noch nicht so fit ist, dann kann man das Kälbchen auch mit Stroh trockenreiben. Dies ähnelt dem Trockenlecken der Kuh.
Für die Gesundheit des Kälbchens ist es sehr wichtig, dass es ausreichend und schnellstmöglich nach der Geburt Biestmilch bekommt. Die Biestmilch enthält sehr viele Antikörper, auf die das Kälbchen angewiesen ist, da es zunächst keine eigenen Antikörper besitzt. Die Darmwand des Kälbchens ist nur wenige Stunden nach der Geburt für Immunglobuline durchlässig, deshalb ist es wichtig, dass das Kälbchen schnell Biestmilch bekommt.
Um eine Nabelentzündung vorzubeugen, wird der Nabel meist mit Blauspray oder Jod desinfiziert. Als letztes bekommt das Kälbchen seine Ohrmarken. Diese dienen zur eindeutigen Identifikation des Tieres und sind quasi der „Personalausweis“ für das Tier. Mit dem Einziehen der Ohrmarken wird gleichzeitig eine Gewebeprobe entnommen, die ins Landeslabor geschickt wird. Dort wird die Probe auf den BVD-Virus getestet.
Wenn das Kalb soweit versorgt ist, kümmert man sich um die Kuh. Die Kuh hat durch die Geburt sehr schnell sehr viel Platz im Körper. Deshalb trink sie meist nach der Geburt sehr viel. Dies sollte man unterstützen und viel Wasser anbieten (auf manchen Betrieben wird sogar eine Elektrolyt-Lösung oder ein Energietrunk angeboten), da dies einer Labmagenverlagerung entgegenwirkt. Wenn alles erledigt ist, kann man kurz einmal tief durchatmen, das Kälbchen betrachten und sich an den ersten Versuchen des Aufstehens erfreuen. Ich bin dann selbst meist etwas erschöpft, da die ganze Anspannung von einem abfällt und man einfach nur froh ist, dass alles gut verlaufen ist und Kuh und Kälbchen wohlauf sind.
#Blog 16
Mein Weg zur Furche
In der Praxis vieler landwirtschaftlicher Betriebe ist das Pflügen nicht weg zu denken. Viele junge Landwirte pflügen schon seit sie denken können. Bei mir war das etwas anders...
Bei mir zuhause hat meist mein Großvater gepflügt und ich habe andere Arbeiten übernommen wie z.B. das Schlägeln der Maisstoppeln. So kam ich mit dem Pflügen selbst nie wirklich in Berührung. Dieses Jahr, am Schulanfang, kam unser Ausbildungsberater in die Berufsschule und teilte ein Anmeldeformular zum Kreisleistungspflügen aus. Zunächst war mir der Wettbewerb völlig gleichgültig, da ich (wo ich noch nie gepflügt hatte) mich sowieso nicht zu einem Pflügerwettbewerb anmelden würde! Dachte ich zumindest... Tja, aber dann kam alles anders.
Mein Ausbilder hat von der Veranstaltung erfahren und mir eindringlich ans Herz gelegt, mich anzumelden. Ich hatte echt Angst, mich völlig zu blamieren. Aber es gab kein Zurück mehr, die Anmeldung war verschickt. Die schlaflosen Nächte konnten also beginnen.
Für viele von euch ist es wahrscheinlich nicht nachvollziehbar, dass man im 3. Lehrjahr ist und noch nie gepflügt hat. Aber wenn man im 2. Lehrjahr fast nichts auf dem Acker machen durfte, dann ist das leider nicht nur ein schlechter Scherz. Der Termin vom Wettkampf rückte näher und erst jetzt durfte ich auf dem Lehrbetrieb etwas pflügen. Ein erfahrener Mitarbeiter erklärte mir alles und gab wertvolle Tipps. Das hat dann auch besser geklappt, als ich erwartet hatte und so war ich beruhigt. Eine Wochen vorher kam unser Ausbildungsberater in die Schule und lud uns zu einer Übungsveranstaltung mit einem Spezialisten aus der DEULA ein; sozusagen eine Generalprobe. Wir bekamen ein Beet (für meinen 4 Schar Drehpflug in den Maßen 24/36×70 Meter) zugeteilt.
An dem Übungstag war das Wetter durchwachsen und von Sonne bis hin zu Hagel war alles dabei. Das machte das Besprechen der Aufgabe und das Klären von Fragen nicht wirklich einfacher. Als ich vor der Übung mit den anderen Teilnehmern etwas erzählt hatte, wurde mir zunehmend mulmiger zu mute. Die meisten pflügten schon seit sie an das Gaspedal herankommen und hatten in den letzten Jahren auch schon am Wettbewerb teilgenommen. Da fühlte ich mich als Anfängerin zwischen den ganzen Profis ziemlich doof. Aber das nützte ja nichts. Augen zu und durch!
Wenn man sich die Aufgabe so anschaut, dann ist diese für einen Anfänger ganz schön verwirrend. Als erstes soll die Spaltfurche gezogen werden. Diese soll nur mit dem letzten Schar gemacht werden und ca 10 cm tief und voll ausgeräumt sein. Dann mussten wir 8 Fahrten von der Spaltfurche nach links messen. Dort wird dann die Markierungslinie gezogen. Diese ist nachher zur Orientierung für den Keil wichtig. Während man die Markierungslinie zieht, wird die Spaltfurche bewertet. Wenn die Richter fertig sind, kann man rechts von der Spaltfurche 4 Fahrten machen. Diese sind der Anschluss für den rechten Nachbarn.
Während dieser 4 Fahrten sollte man die tatsächliche Arbeitsbreite des Pfluges ausmessen und überprüfen, damit nachher bei den 8 Fahrten zwischen Keil und der Spaltfurche kein unbearbeiteter Streifen übrig bleibt. Wenn man mit den 4 Fahrten fertig ist, wechselt man zu seinem linken Beetnachbarn. Dort fängt man dann an, den Keil zu pflügen. Eine Schwierigkeit beim Leistungspflügen sind die Ein- und Aussätze mit dem Pflug voll sauber und gerade zu machen. Dazu gibt es kleine Tricks wie z.B. das Aushängen des Oberlenkers oder das Tauschen des Vorschälers des ersten Schares (von oben nach unten und das untere nach oben). Nach den 8 Fahrten ist man fertig.
Das ganze Pflügen muss in 2 Stunden gemacht sein. Kein Thema! Oder etwa doch? 2 Stunden klingt unglaublich viel. Aber wenn man alleine alles einstellen, ausmessen und kontrollieren muss, dann sind 2 Stunden quasi nichts! Vor allem weil man ja nicht mit 10km/h fährt, sondern mit 2-3km/h, da der Pflug Dämme schmeißen soll, die bewertet werden. Und die Angst, dass das Stützrad in die falsche Richtung umklappt, die Furche zu tief wird usw. fährt immer mit. Zusätzlich der panische Blick vom Trecker, wenn man vor Aufregung nicht mehr ganz sicher ist, ob man den Drehpflug zur richtigen Seite gedreht hat. Ich sage euch, als planloser Anfänger ist das Stress pur! Naja, das war ja zunächst nur das Training, aber der Tag des Wettkampfs kam näher und meine Nervosität stieg mit jedem Tag.
Der Wettkampftag:
Das Kreisleistungspflügen 2018 in Vinnhorst wurde dieses Jahr mit dem Kreiserntefest am 30.09. zusammen veranstaltet. Vinnhorst liegt in der Nähe von Hannover. Eine tolle Vorstellung, durch die Großstadt mit Schlepper und großem Pflug zu fahren. Aber ich hab's unfallfrei geschafft????
Am Tag des Wettkampfs bin ich natürlich viel zu früh losgefahren und war dementsprechend auch viel zu früh dort. Das war für meine Nervosität natürlich kontraproduktiv. Dann kam die Vorbesprechung und die Daten wurden ausgehändigt. Da die Veranstaltungsfläche für die Anzahl der Teilnehmer zu klein war, wurden die Maße der Beete verändert. Die Verwirrung stand uns ins Gesicht geschrieben und Panik machte sich in mir breit.
19 Teilnehmer mit Drehpflug (von 2 bis 5 Schar was alles dabei) und 5 Beetpflüger. Der Startschuss fiel und es ging los mit der Spaltfurche. Da ich während der Fahrt noch ein bisschen was verstellen wollte, war ich wohl eine Sekunde unaufmerksam. Meine Spaltfurche hatte einen kleinen Knick. Mist. Weiter im Ablauf. Ausmessen, Markierung ziehen, 4 Fahrten rechts von der Spaltfurche, Tiefe kontrollieren, Oberlenker kontrollieren, Unterlenker einstellen, Stützrad verstellen! Dann kam die erste Kontrolle der Tiefe. Vorgegeben waren 22cm Tiefe mit +/- 2 cm Toleranz bei Abweichung. Ich war laut Richtern bei 20 cm. Also erneut einstellen, kontrollieren usw. Mit dem Ergebnis: 22cm. Also weiter geht's! Nun kommt der Keil. Grade sind meine Furchen. Die Tiefe stimmt auch. Also alles gut. Dann noch mal die Arbeitsbreite vom Pflug messen und kontrollieren.
Das ständige vom Trecker runter und messen, kontrollieren, verstellen, auf den Trecker rauf, ein Stück fahren, wieder kontrollieren, wieder ausmessen usw. war so stressig, dass ich dann beim Keil pflügen auch einfach keine Lust mehr hatte den Pflug einzustellen, um ein perfektes Ergebnis hin zu legen. Jetzt fehlten nur noch die letzten 8 Fahrten. Die Furchen sind gerade geworden und die Tiefe habe ich auch eingehalten. Also alles gut.
Als ich dann endlich fertig war, ist mir eine große Last von den Schultern gefallen! Ich war durch die ganze Anspannung so erschöpft, dass ich nur noch schnell nach Hause wollte. Aber ich musste noch auf die Siegerehrung warten. Wir bekamen alle eine Teilnahmebescheinigung und die ersten 4 Plätze der Beetpflüger und der Drehpflüger wurden aufgerufen und konnten ihre Preise abholen. Ich habe den 9. Platz von 19 belegt. Ich habe mich total gefreut, dass ich mich so gut geschlagen habe. Am Wettbewerb hat außer mir noch ein anderes Mädchen teilgenommen. Das war schön, so konnten wir unsere Nervosität teilen. Mein Fazit zum Leistungspflügen: Ein tolles Event, eine schöne Erfahrung, aber für mich war die erste Teilnahme sehr stressig und chaotisch. Ob ich das noch mal mache? Vielleicht schon! Fakt ist, dass das Pflügen auf dem Feld zuhause nicht mit einem Wettbewerb zu vergleichen ist.